Weht der Wind in Deutschland kräftig (wie dieser Tage der Fall), profitiert auch Österreich via günstiger Stromimporte (die wir auch gerne zum billigen Befüllen der Speicherkraftwerke nutzen) davon. Starker Wind in Germany blies in den letzten Tagen auch mehrfach die Börsenpreise für kurzfristigen Strom ins Minus. Das senkt dann früher oder später natürlich auch die Strompreise - wiewohl es sich natürlich derzeit um eine Momentaufnahme handelt.
Sieht man sich aber bei ISN Fraunhofer die Nettostromproduktion Deutschlands aus dem Vorjahr an, muss gesagt werden: Bravo, da tut sich wirklich was!
2023 hat Deutschland die Nettostromproduktion deutlich gedrosselt. Nach 491,8 anno 2022 produzierten Terawattstunden waren es 2023 lt. ISE Fraunhofer (alle Daten siehe Link unten abrufbar) nur noch 436,8 TWh. Die wurden dafür aber deutlich weniger umweltschädlich produziert als noch im Jahr davor.
Schon seit vielen Jahren ökologisiert Deutschland die einst katastrophal dreckige Stromproduktion - und zeigt damit auch anderen Ländern, wohin der Hase läuft. Wurden z.B. im Jahr 2010 noch rund 56% des Stroms in Deutschland mit Fossilen erzeugt, fiel dieser Wert fortan fast laufend und liegt mittlerweile nun schon bei fast bescheidenen 38,8%.
Das erscheint vielleicht immer noch viel - hier gilt es aber zu beachten, dass sich Deutschland etappenweise aus der Atomstromproduktion zurückgezogen hat, welche z.B. 2010 noch für fast 25% der Jahresproduktion gesorgt hat. 2023 ist der Komplettausstieg gelungen und nur noch ein paar Monate liefen in Germany die Atomkraftwerke, welche damit letztmalig mit einem Jahresproduktionsanteil von 1,5% (6,72 TWh) in der Statistik aufscheinen.
Den 56% Fossilstrom und 25% Atomstrom standen 2010 noch traurige 19% Erneuerbare entgegen - das hat sich aber mittlerweile massiv gedreht:
2023 ist Deutschland auf dem Weg zur fossilfreien Stromerzeugung einen großen Schritt vorangekommen. Von den 436,8 TWh Stromerzeugung stammen 260,68 TWh aus Erneuerbaren Quellen, das entspricht starken 59,7%. Fossile kommen auf 169,38 TWh und die Kernenergie auf bescheidene 6,72 TWh.
Dass sich Deutschland für seinen Strommix nur noch ein bisschen schämen muss, ist primär die Windenergie veranwortlich. Diese verzeichnete mit einer Gesamtproduktion (Onshore und Offshore) von fast 140 TWh auch 2023 einen Sprung nach oben und kommt mittlerweile auf einen Anteil von sagenhaften 32% der Jahresstromproduktion Deutschlands. Zum Vergleich hier Österreich: 15,3% (mit schönen Zuwächsen) der Jahresproduktion via Windkraft sind eine Zahl, die sicher noch ziemlich ausbaufähig ist.
Wiewohl 2023 in Deutschland auf Platz 2 bei der Produktion schon der Stinker Braunkohle kommt (77,5 TWh, Anteil 17,74%) ist auch diese Zahl als Erfolg zu sehen: Im Jahr 2022 wurden mit Braunkohle noch 107 TWh produziert, 2015 waren es deren gar fast 140 TWh.
Weiterhin auf dem Vormarsch ist auch in Germany die Solartechnik bzw. Photovoltaik: Eine Stromproduktion von 53,48 TWh ist ein kleines Plus gegenüber dem Vorjahr und ein Anteil von 12,24% der Jahresproduktion. Tendenz weiterhin leicht steigend - auch wenn die Boomjahre bei der Photovoltaik in Deutschland wohl schon zurückliegen. Platz 3 scheint aber gut abgesichert und vielleicht geht es ja bald schon der Braunkohle an den Hals...
Während wir in Österreich 2023 den Gasverbrauch zur Stromerzeugung deutlich reduzieren konnten, blieb der Anteil (10,48%, 45,79 TWh) von "Gasstrom" in Deutschland 2023 fast gleich - hier gilt es aber auch zu bemerken, dass Gas insbesondere als rasche Ergänzung zu den nicht immer verlässlichen Erneuerbaren in Deutschland wohl noch wichtiger wird als dies in Österreich ist. In Österreich geht es eher darum, die Gasversorgung selbst sicherzustellen, da ist Deutschland schon mehrere Schritte voraus...
Platz 5 geht in Deutschland an die Biomasse. 9,70% Anteil bei einer Produktion von (im Vorjahresvergleich) ziemlich konstant bleibenden 42,25 TWh sind ähnlich wie Gas recht wichtig für die Versorgungssicherheit. Der Ausbau der Biomasse scheint aber (wohl auch ob der notwenigen hohen Förderungen) schon ziemlich weit fortgeschritten.
Auf Platz 6 folgt der zweite große Stinker: Die Steinkohle. Aber auch hier reduziert die deutsche Energieszenerie ständig die Stromproduktion. 36,05 TWh sind ein Anteil an der Gesamtproduktion von 8,25%, 2015 waren es z.B. noch 106,2 TWh (19,4%)...
Bei uns in Österreich ob der Alpenlage Dauersieger, in Deutschland auf Platz 7: Die Wasserkraft. Wie beim Wind gab es auch in Sachen Wasserkraft in Deutschland 2023 ein gutes Jahr und 19,48 TWh (4,46%) konnten damit produziert werden. In Österreich waren es übrigens 2023 30,29 TWh bzw. fette 56,1%, die mittels Laufkraftwerken produziert wurden, die Speicherkraftwerke kamen auf 4,25 TWh (7,9%).
Auf den weiteren Plätzen in Deutschland: 8. Müll (9,62 TWh, 2,2%), 9. Atomstrom (6,72 TWh, 1,54%, 2024 komplett weg) und 10. Öl (3,15 TWh, 0,72%).
Auch wenn die Bestrebungen in Sachen Ausstieg aus den Fossilen in Deutschland sehr fein laufen: 2023 war diesbezüglich ein Spitzenjahr. Ähnliche Steigerungen werden wohl nun Jahr für Jahr schwerer.
Denn anders als in Österreich verfügt Deutschland nicht über eine ziemlich konstante und große Produktionsquelle a la Lauf- und Speicherwasser sondern muss weiterhin Lastspitzen mit viel Steinkohle, Braunkohle, Gas und auch Öl ausgleichen.
Sinkende Produktion mit den genannten Fossilen muss somit zu großen Teilen auch mit Energieimporten ausgeglichen werden - darüber hinaus war 2023 ein sehr gutes Windjahr. Fallen Wind und Solar aus, ziehen (auch bei uns) die Strompreise wieder kräftig an. Und auch wenn 2022 der Atomstromanteil an der Produktion nur noch ca. 7% betrug - auch diese konstante Stromquelle muss durch andere konstante Stromerzeugung kompensiert werden.
Der Weg in Deutschland ist zwar schon sehr erfolgreich beschritten - dauert aber wohl noch lange.
Ob die (tollen) fast 60% Erneuerbare 2024 wiederholt werden können, bleibt abzuwarten - und auf dem Weg zu den angestrebten 100% wird Deutschland wohl auch wieder ein paar Jahre Stromimporteur werden.
Erfreuliche Zahlen aus Österreich bezüglich Stromerzeugung gibt es hier zu finden: Stromproduktion Österreich 2023
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