Dieser Tage wurde der Ministerentwurf des längst fälligen "Elektrizitätswirtschaftsgesetzes" (kurz: ElWG) präsentiert und es dauerte nicht lange, dass insbesondere die Interessensvertreter von Erneuerbaren (z.B. Photovoltaik, Windkraft aber auch Wasserkraft) schwere Kritik daran übten.
Insbesondere die Bezeichnung "Billigstromgesetz" mutet da sehr zweifelhaft an - so richtig mag nämlich niemand erkennen, warum Strom dadurch für viele (ausgenommen bei Sozialtarifen für ärmere Schichten) billiger werden sollte.
Ganz "billig" ist der Entwurf aber nicht: Der Sozialtarif ist wohl durchaus sinnvoll - seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gibt es auf dem europäischen Energiemarkt kräftige Verwerfungen, die gerade Österreich (via einstiger Gasabhängigkeit) besonders hart trafen.
Durchaus positiv ist auch die Möglichkeit, zukünftig Überschussstrom an seine "Nachbarn" verkaufen zu können - wie das hier genau regional begrenzt wird, bleibt abzuwarten. Angeblich soll das aber ohne großen Aufwand und ohne Gründung einer Energiegemeinschaft möglich werden...
Eher auch leicht positiv zu sehen ist die Pflicht für Energieversorger, zukünftig zu Fixtarifen auch Floater-Tarife ("Flextarife") anzubieten. Das tun mittlerweile ohnehin schon einige Anbieter, zukünftig wird es mehrere solche Tarife geben. Menschen, denen die aktuellen Stromrechnungen aber schon jetzt Sorgen machen, sollten sich lieber nicht auf das Risiko eines Floatertarifes (kann auch teurer werden!) einlassen. Denn das ist ähnlich gefährlich wie die seinerzeitige Aufnahme eines Schweizer-Franken-Fremdwährungskredites, wenn sich die Haushaltsrechnung in Euro nicht ausgeht...
Wer aber davon ausgeht, dass die Großhandelspreise für Strom sinken oder gleichbleibend tendieren und hier ein wenig "pokern" möchte (und das finanziell auch kann...), ist mit einem Floater-Tarif oft gut beraten. Insbesondere von April bis September (mehr Sonne!) sind solche Tarife oft sehr günstig!
Besondere Aufregung gab es bei den ersten Diskussionen bezüglich ElWG bei der Photovoltaik. Erstmals wollte man die Stromproduzenten (also auch die Einspeiser von Sonnenstromüberschüssen mittels Photovoltaik) auch einen Netzkostenbeitrag für das Einspeisen abverlangen.
Nachdem schon rund 400.000 private Photovoltaikanlagen in Österreich installiert sind, war hier der Aufschrei besonders laut. Denn auch wenn man in den letzten 3 Jahren diese Anlagen staatlich massiv gefördert hat und ob der hohen Strompreise auch ein fetter Ausbauboom entfacht wurde, sind die Einspeiser (insbesondere jene, die überdimensionierte Anlagen erworben haben und hier ein Geschäft machen wollten...) über eine solche "Besteuerung" via Netzkosten fürs Einspeisen natürlich aufgebracht.
Nun nimmt man im aktuellen Entwurf aber Anlagen komplett aus, die eine Einspeiseleistung von 7.000 Watt nicht überschreiten und belastet die Einspeiser (so ich das richtig gelesen haben) nur mit der Strommenge, die 7.000 Watt übersteigt. Produziert eine Anlage also z.B. in einer Stunde 8 kWh (8.000 Watt), sind 7 kWh "frei" und es wird eine Kilowattstunde mit 0,05 Cent (nicht Euro!) "Einspeise-Netzgebühr" verrechnet. Hat man keine sehr großen Anlagen montiert bzw. hat man eine intelligente Stromverbrauchsstrategie (z.B. E-Car laden, Kochen, Warmwasser, Wäsche waschen, Geschirrspüler etc. dann anwerfen, wenn gerade viel Strom produziert wird), so sind das für die meisten etwas größeren Anlagen (mit über 7 kWp Leistung) nur ein paar Cent im Monat bzw. ein paar Euro im Jahr...
Ob man mit diesen 0,05 Cent aber einen wirklich brauchbaren Beitrag zum (leider notwendigen) Ausbau der Netze leisten kann, ist eher zu bezweifeln. Natürlich kommen da via größerer Anlagen (primär von Unternehmen zum Eigenverbrauch errichtet, manche aber auch von Ökostromfirmen) schon einige Millionen zusammen. Private mit richtig dimensionierten Anlagen sollten aber locker bleiben - auch wenn das Verrechnen von Netzgebühren für Produzenten natürlich ein Eingriff ist, den es in unseren Nachbarländern noch nicht gibt. Gefährlicher scheint mir hier schon die Möglichkeit, diese Gebühr dann in einigen Jahren massiv zu erhöhen - was die Rentabilität dann noch weiter schwächt bzw. nach hinten verschiebt.
Die Möglichkeit, Stromproduktion von neu errichteten Photovoltaik- und Windkraftwerken hinkünftig zu kappen (zu maximieren, zu limitieren) ist leider ob des massiven Ausbaus der Photovoltaik und der zu geringen Speichermöglichkeiten von Stromproduktionsspitzen wohl leider notwendig. Schon jetzt haben viele neue Einspeiseverträge solche Bedingungen in den Verträgen und in manchen Bundesländern hat man sich auch sehr über den Verfall der angebotenen Vergütungen beim Einspeisen geärgert. Und genau diese Menschen (denen man aktuell z.B. nur 2 Cent pro kWh zahlt...) sind gegenwärtig ob der Netzgebühren fürs Einspeisen besonders nervös - insbesondere, wenn Sie zwischen 0,05 Euro und 0,05 Cent nicht unterscheiden können;-)
Halbwegs relevante Beträge kommen da aber nur von Anlagen, die deutlich größer sind als normal dimensionierte Privatanlagen.
Fix ist aber noch nix: Das ElWG benötigt nämlich im Parlament eine 2-Drittel-Mehrheit - und über die verfügen die 3 Regierungsparteien nicht. Mit den Grünen (derzeit skeptisch) und der FPÖ (normalerweise eh immer gegen alles was mit Erneuerbaren zu tun hat) bedarf es also einer Nachverhandlung und wohl auch noch der einen oder anderen Änderung, um dieses -höchst fällige- Gesetz endlich durchzubringen.
Begegnet man der Materie realistisch, gilt es für die Politik auch abseits des ElWG tätig zu werden: Österreich hat nämlich (auch ob des guten Ausbaus der Photovoltaik) derzeit eher ein Speicher- als ein Produktionsproblem. Der viele Sonnenstrom in der wärmeren Jahreszeit wird dann sehr billig abgegeben bzw. es müssen diverse Kraftwerke gedrosselt werden (z.B. die Laufwasserkraftwerke). So müsste man in Sachen Speicherkraftwerke (Pumpspeicher) noch viel mehr neue Projekte andenken und die Bürokratie beim Netzausbau bzw. bei Kraftwerken aller Art müsste noch massiv gesenkt werden. Es kann nicht sein, dass so manches Windkraftwerk (besonders im Winter wichtig!) 10 Jahre von der Projektierung bis zum Betrieb braucht...
Beim aktuellen Preisniveau von Strom ist in Sachen Förderungen für Private (leider eh kein Geld da...) eher auf Speicher zu setzen. Gut dimensionierte Photovoltaikanlagen sind ohnehin auch ohne Förderungen rentabel, Speicher (auch viel kleine Einheiten) können den Eigenverbrauch schon massiv erhöhen, sind derzeit ab noch nicht wirklich rentabel.
Die Netzkosten bleiben aber in den nächsten Jahren leider noch das Hauptproblem - welches auch durch einen etwaigen Beitrag der Stromproduzenten nicht ausreichend gelöst wird. Hier wurde schon von einigen Seiten eine Lösung angeregt, welche mir durchaus sinnvoll erscheint: Die hohen Kosten für den Netzausbau größtenteils in eine Gesellschaft wie die ASFINAG ausgliedern (die Schulden dort z.B. via Bundesschätzen oder Anleihen finanzieren, Bundeshaftung sorgt für niedrigere Zinsen) und den Schuldenberg dann mit Netzgebühren langsam abbauen, sobald die Netzausbaukosten sinken bzw. sich stabilisiert haben. Das würde den (notwendigen) Ausbau der heimischen Netze rascher erledigen lassen - auch wenn ich prinzipiell ja kein Fan von neuen Schuldentöpfen für die nächsten Generationen bin...
Fix ist jedenfalls: Der Stromverbrauch wird die nächsten Jahre weiter steigen - mir ist lieber, wir machen uns die Energie in Österreich selbst. Jeder Umstieg von Fossil auf Grünstrom lässt die Handelsbilanz jubeln.
Über die inländische Stromproduktion wird man übrigens 2025 nicht jubeln können: Wir sind (nach dem Ausnahmejahr 2024) leider wieder Stromimporteuer und das wird sich in den letzten beiden (kalten) Monaten auch nicht mehr ändern. Sowohl Wasserkraft, Windkraft und auch Speicherkraft sind 2025 klar unter Plan. Das wird sich hoffentlich 2026 wieder ändern - an den Aktionen der heimischen Politik wird das dann aber wohl kaum liegen, vielmehr sind wir in der Stromproduktion noch zu sehr dem Wetter (Niederschlag, Wind, Temperaturen) ausgeliefert.
Geldmarie-Linktipps:
Ad hoc-Meldung - November 2025