Die heimische Regierung schickt dieser Tage einen neuen Gesetzesentwurf in Begutachtung. Das neue ELWOG (Elektrizitätswirtschaftsgesetz) ist überfällig und notwendig und erregt in seiner (noch nicht beschlossenen!) Fassung schon die Gemüter. Insbesondere die schon rund 400.000 Besitzer von privaten Photovoltaikanlagen sind angesichts des Entwurfs schon ziemlich nervös - immerhin könnten schon bald Netzgebühren für das Einspeisen von Photovoltaikstrom drohen!
Weniger umstritten sind derzeit weitere Änderungen im ELWOG wie ein höherer Netztarif bei höherem Strombezug, ein Sozialtarif (wo die SPÖ wohl urgiert hat) oder ein leichterer Zugang zu Floatertarifen ("Flextarifen"), den die NEOS forcieren.
Wirklicher Unmut und politischer Streit ist allerdings um geplante Netzgebühren für das Einspeisen von Photovoltaikstrom entbrannt. Bisweilen wurden Erlöse aus dem Einspeisen von Strom für private Photovoltaikanlagen nämlich brutto für netto ausbezahlt. Das soll sich mit dem neuen ELWOG nun ändern.
Die privaten Betreiber von Photovoltaikanlagen sind ob der (insbesondere in Monaten mit viel Sonne) stark gesunkenen Einspeisetarife ohnehin schon sauer - nun möchte man ihnen auch noch den einen oder anderen Cent aus der Einspeisevergütung streitig machen.
War es in der letzten Regierung noch die SPÖ, die notwendige 2/3-Mehrheiten bei Gesetzen verhinderte, so kommt nun den Grünen diese Blockademöglichkeit zu. Gerade die Grünen treten natürlich massiv für einen weiteren Ausbau der Photovoltaik aus - auch wenn dieser mangels schon ausgebauter Netze immer mehr an seine Grenzen kommt. Kritik kommt naturgemäß auch von der Interessensvertretung Photovoltaic Austria.
So beträgt dieser Tage die Photovoltaik-Leistung in Österreich in den sonnigen Nachmittagsstunden mehr als 4.500 MW - mehr als alle anderen Erzeugungstypen produzieren und an vielen Tagen (insbesondere an verbrauchsarmen Wochenenden und Feiertagen) mehr als benötigt. Die Netze stoßen hier schon an ihre Grenzen...
Sehr wohl gibt es ob dieser Problematik (die schon länger auch zu Negativpreisen an den Strombörsen sorgt) Argumente seitens Politik, welche für eine Besteuerung der Stromeinspeisung sprechen - denn schließlich nutzen die Einspeiser ja auch die Netze. Die ÖVP argumentiert hier z.B. damit, dass sich die Photovoltaikanlagenbesitzer ja auch einen Stromspeicher kaufen könnten, welcher die Einspeisung massiv reduziert bzw. gar wegfallen lässt.
Das ist zwar nur teilweise stimmig (siehe: Stromspeicher-Batterien für Photovoltaikanlagen), mehr Speicher (in allen Formen) für das heimische Stromnetz sind jedenfalls ein wesentliches Thema der nächsten Jahre.
Belastet man die Erträge vom Einspeisen aber nun, wird sich die Einspeiseleistung nicht reduzieren (außer wenn viele einen Batteriespeicher nachrüsten) - vielmehr dauert es für alle Anlagen länger, bis sie sich amortisieren. Die niedrigen Einspeisetarife sorgen ohnehin schon dafür, dass so manche (zu optimistische) Rechnung nicht so aufgeht wie geplant.
Hingegen ist es natürlich ein Fakt, dass die Einspeiser den teuren Ausbau der heimischen Stromnetze notwendig machen - dass man hier lange Jahre geschlafen hat und es erst eine Energiekrise gebraucht hat, dass auch die Privaten massiv auf Photovoltaikanlagen aufspringen, steht auf einem anderen Blatt.
Dass diesen Ausbau die Kunden ohne Photovoltaik anteilig mitzahlen müssen, weiß man spätestens seit der letzten Jahresabrechnung. Und die Netzkosten werden auch 2026 deutlich ansteigen.
Gegen eine solche Besteuerung via Netzkosten für das Einspeisen spricht allerdings, dass der Weg zur Energieabhängigkeit noch ein weiter Weg ist. Jede neue Photovoltaikanlage reduziert den Verbrauch von Importgas ein wenig und führt auch dazu, dass Österreich nicht mehr Stromimporteur ist - wie sich auch 2024 schon gezeigt hat.
Auf längere Sicht betrachtet ist Photovoltaikstrom sehr günstig und wird a la longue die Strompreise reduzieren - natürlich erst dann richtig wirksam, wenn man den Überschussstrom auch besser speichern kann. Da bedarf es noch einige Jahr an deutlich besser ausgebauten Netzen sowie auch an mehr Speichermöglichkeiten (Großbatterien, Pumpspeicherkraftwerke) - hier ist die Politik massiv gefragt!
Sehr interessant wäre es auch, in das ELWOG variable Netzkosten einzubauen: Variable Stromtarife (die sich nach den Börsepreisen, also nach Angebot und Nachfrage richten) sind ohnehin schon am Markt und sollten via ELWOG von allen größeren Anbietern zumindest angeboten werden. Ist zu viel Strom vorhanden und die Preise sind somit niedrig, ist das eine Einladung für Verbraucher bzw. auch Firmen, genau dann die Stromfresser zu günstigen Preisen zu betreiben. E-Auto laden, Wäsche waschen, Pool erwärmen, Wäschetrockner oder Geschirrspüler einschalten, Warmwasser aufbereiten etc.
Sehr sinnvoll (wie schon ab und an auch an dieser Stelle gefordert) wäre es auch, die noch viele Jahre steigenden Netzkosten mittels einer ausgelagerten Gesellschaft (wie z.B. die ASFINAG eine ist) zu bezahlen: Netzkosten einfrieren und die nächsten Jahre zahlt das dann die "Netzi-AG" (wie auch immer benannt...). Die in den nächsten Jahren durch den notwenigen Ausbau angelaufenen Schulden werden dann in den Folgejahren bzw. Jahrzehnten abgebaut - durchaus möglich, dass sich diese Gesellschaft auch via Bundesschätzen finanzieren lässt. Das würde einen Strompreisschock (der uns nun jährlich via Netzkosten droht) verhindern und die leider nun notwendigen Kosten auf mehrere Jahre bzw. Generationen verteilen.
Um positiv zu schließen: Auch an die immer mehr werdenden (und wohl bald den wirklichen Durchbruch schaffenden) E-Autos sollte in dieser langfristigen Planung gedacht werden. Temporär günstige Stromtarife an Ladesäulen sowie auch zu Hause sollen ein Laden genau dann attraktiv machen, wenn gerade viel Strom im Netz verfügbar ist. Flextarife sind hier schon ein feiner Schritt. Aktuell ist der Stromverbrauch durch E-Cars noch vernachlässigbar - wird deren Marktdurchdringung aber zweistellig (derzeit immerhin schon ca. 5% E-Cars in Österreich), können günstige Tarife hier das Ladeverhalten und damit den Strommarkt durchaus beeinflussen: Geladen wird, wenn es billig ist und es viel Strom gibt...
Ja, das ELWOG ist komplizierte Materie - und bei Netzgebühren für das Einspeisen darf man (auch die Geldmarie als Photovoltaikanlagenbesitzer) durchaus mehr als nur eine Meinung haben;-)
Ich gehe aber davon aus, dass die Grünen dem ELWOG n der geplanten Variante nicht die Zustimmung geben werden und dann wieder eine "österreichische Lösung" rauskommt...
Ad hoc-Meldung - Juli 2025